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Urheberrecht Gegenstandswert bei Filesharing-Abmahnung: OLG Hamm begrenzt Streitwert bei Film auf € 2.000,00 (Beschluss vom 05.09.2013, AZ.: I-22 W 42/13 Einstweilige Verfügung)
OLG Hamm senkt Gegenstandswert bei einstweiliger Verfügung nach Filesharing-Abmahnung
In einem von uns vertretenen Fall hat das OLG Hamm mit Beschluss vom 05.09.2013, AZ.: I-22 W 42/13 aktuell den Streitwert im Falle einer einstweiligen Verfügung auf € 2.000,00 reduziert. Das Landgericht Bielefeld hatte den Streitwert in der ersten Instanz auf € 20.000,00 festgesetzt. Die Reduzierung des Gegenstandswerts führt zu einer deutlich geringeren Zahlungspflicht unseres Mandanten. Da die Entscheidung des OLG Hamm in einer Reihe aktueller Entscheidungen steht, die eine Abkehr einzelner Gerichte von den zum Teil immensen Streitwerten bei Filesharing-Abmahnungen darstellen, wollen wir Ihnen an dieser Stelle den Fall einmal näher darstellen.OLG Hamm Beschluss vom 05.09.2013, AZ.: I-22 W 42/13: der Fall
Ein Mandant unserer Kanzlei hatte vor einiger Zeit eine Filesharing-Abmahnung erhalten, in der ihm eine Urheberrechtsverletzung in Bezug auf einen russischen Film vorgeworfen wurde. Seinerzeit war er noch nicht anwaltlich vertreten und vertraute lieber auf die "guten" Ratschläge aus dem Internet, die die Abmahnung als Abzocke oder gar Betrug abtaten und legte die Abmahnung daher in die "Ablage Papierkorb". Die abmahnende Kanzlei erwirkte daraufhin eine einsweilige Verfügung vor dem Landgericht Bielefeld. Das Landgericht untersagte dem Mandanten in der einstweiligen Verfügung, den abgemahnten Film öffentlich zugänglich zu machen. Die abmahnende Kanzlei ließ daraufhin die Kosten festsetzen. Diese betrugen € 859,80 zuzüglich den Kosten der Zustellung der einstweiligen Verfügung durch den Gerichtsvollzieher.Mit der einstweiligen Verfügung und dem Kostenfestsetzungsbeschluss wandte sich daraufhin der Mandant an unsere Kanzlei. Wir haben gegen den Streitwertbeschluss Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Streitwert von € 20.000,00 auf € 2.000,00 herabzusetzen. Dabei haben wir uns zur Begründung auch auf einen Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 28.05.2013 (Akzenzeichen 12 O 374/13) berufen, mit dem wir ebenfalls für einen Mandanten unserer Kanzlei in einem Verfahren der einstweiligen Verfügung eine Reduzierung des Streitwerts auf € 2.000,00 erreicht hatten.
OLG Hamm Beschluss vom 05.09.2013, AZ.: I-22 W 42/13: die Entscheidung
Das Landgericht Bielefeld half unserer Beschwerde nicht ab, sondern hielt einen Streitwert von € 20.000,00 bei einem Film nach wie vor für angemessen. Dabei stellte es auf das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin ab. Diese könne ihr wirtschaftliches Interesse an der Unterlassung selbst am besten beurteilen. Außerdem seien auch der Abschreckungsgedanke zu berücksichtigen sowie der Umstand, dass es um ein aktuelles Filmwerk ging.Nach Anhörung der Antragstellerin setzte das OLG Hamm schließlich wie von uns beantragt den Gegenstandwert auf nur noch € 2.000,00, fest.
Zutreffend führte das OLG Hamm in der Entscheidung vom 05.09.2013 aus, dass das Landgericht den Streitwert und hieran anknüpfend das wirtschaftliche Interesse an der Unterlassung deutlich zu hoch angesetzt hatte. Neben dem Vorschlag des abmahnenden Rechteinhabers in Bezug auf die Streitwertfestsetzung sind auch objektive Kriterien heranzuziehen, da das behauptete Interesse an der Unterlassung häufig vorgeschoben wird, um dem abmahnenden Anwalt hohe Gebühren zu bescheren. Diese Worte des OLG Hamm überraschen mich ein wenig in ihrer Deutlichkeit, gehen jedoch definitiv in die richtige Richtung und sind zu begrüßen.
Auch aus dem Umstand, dass im fraglichen Zeitraum insgesamt sechs Ermittlungstreffer vorlagen, kann nach Ansicht des OLG Hamm kein höherer Gegenstandswert gerechtfertigt sein. Auch ein genereller Abschreckungsgedanke hat bei der Bemessung des Streitwerts außen vor zu bleiben, relevant für das wirtschaftliche Interesse des abmahnenden Rechteinhabers ist ausschließlich die drohende Rechtsverletzung durch den einen abgemahnten Anschlussinhaber.
OLG Hamm Beschluss vom 05.09.2013, AZ.: I-22 W 42/13: was sind die Folgen?
Im hier beschriebenen Fall hat unser Mandant deutlich geringere Kosten zu erstatten. Die Verfahrensgebühr beträgt (nach aktuellem Gebührenrecht) einschließlich Auslagenpauschale € 215,00 anstatt € € 984,60 (bei einem Gegenstandswert von € 20.000,00).Die Entscheidung des OLG Hamm steht in einer Reihe ähnlicher Entscheidungen und geht in ihrer Bedeutung weit über den entschiedenen Einzelfall hinaus. Die meisten Gerichte gehen immer noch von immens hohen Streitwerten aus und setzen bei aktuellen Filmen häufig einen Gegenstandswert von € 50.000,00 an. Das vom Bundestag bereits verabschiedete Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken sieht für zukünftige Rechtsverletzungen nur noch einen Gegenstandswert von € 1.000,00 vor. Das Gesetz kann naturgemäß keine Rückwirkung entfalten und betrifft nur Urheberrechtsverletzungen, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes begangen werden. Einige Amtsgerichte lassen jedoch die Tendenz erkennen, den Gegenstandswert auch für zurückliegende Abmahnungen bereits auf € 1.000,00 zu reduzieren. Insoweit ist die Entscheidung des OLG Hamm zu begrüßen.
Wer gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen oder nach Abgabe einer Unterlassung auf Erstattung von Anwaltskosten für die Abmahnung in Anspruch genommen wird, dürfte mit dieser Entscheidung ein wenig mehr Chancen haben, mit einem geringeren Streitwert und demzufolge mit geringeren Kosten davon zu kommen.
OLG Hamm Beschluss vom 05.09.2013, AZ.: I-22 W 42/13: die Entscheidung
Hier finden Sie den Beschluss komplett zum Download:Eingestellt am 17.09.2013 von Rechtsanwalt A. Forsthoff
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