Bundesverfassungsgericht am 30.08.2010 (AZ.: 1 BvR 1631/08): Verneinung der Geräteabgabepflicht durch den BGH ist verfassungswidrig

Die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) ist vergleichbar mit der GEMA. Sie erhebt ebenso wie die GEMA bei Musikstücken von allen Druckerherstellern eine Vergütungspflicht ("Geräteabgabe") für jeden verkauften Drucker. Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass durch die Geräte bestimmte urheberrechtlich geschützte Werke vervielfältigt werden können. Grundlage für eine derartige Geräteabgabe ist § 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG. Dieser regelt, dass Hersteller von Geräten, bei denen zu erwarten ist, dass nach der Art des Werkes eine Vervielfältigung des Werkes zu erwarten ist, eine pauschale Vergütung zu entrichten haben. Die Vergütungshöhe richtet sich nach § 54a UrhG. Demnach ist maßgebend für die Vergütungshöhe, in welchem Maß das Gerät tatsächlich für Vervielfältigungen genutzt wird.
Ein Druckerhersteller, der von der VG Wort zur Zahlung einer Geräteabgabe in Höhe von 1,4 Millionen Euro verurteilt wurde, hatte sich hiergegen zur Wehr gesetzt. Das OLG Stuttgart hatte ihn noch zu Zahlung verurteilt. Auf sein Rechtsmittel hat der BGH mit Urteil vom 06.12.2007, Aktenzeichen I ZR 94/05, eine Zahlungspflicht verneint. Der BGH begründete dies damit, dass Drucker und Plotter nicht zu den von § 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG vergütungspflichtigen Vervielfältigungsgeräten zählen. Zur Vervielfältigung geeignet seien diese Geräte lediglich als Funktionseinheit mit einem PC, nicht hingegen als einzelne Geräte. Daher seien Drucker nicht geeignet, Vervielfältigungen im Sinne von § 54a Abs. 1 Satz 1 vorzunehmen.
Gegen dieses Urteil des BGH vom 06.12.2007 legte die VG Wort Verfassungsbeschwerde ein. Das Bundesverfassungsgericht gab mit Beschluss vom 30.08.2010, Aktenzeichen 1 BvR 1631/08, der Verfassungsbeschwerde statt, hob die Entscheidung des BGH auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung an den BGH zurück. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht damit keinesfalls ausgeprochen, dass eine Geräteabgabe für Drucker besteht. Es hat lediglich festgestellt, dass der BGH verpflichtet gewesen wäre bei seiner Entscheidung zu prüfen, ob Europarecht anwendbar war und demzufolge eine Vorlage zum Europäischen Gerichtshof geboten war. Dies begründete es mit der europäischen Urheberrechtsrichtlinie. Hiernach habe eine Vorlagepflicht zum Europäischen Gerichtshof nahe gelegen. Dies habe der BGH jedoch nicht einmal geprüft.

Fazit der Entscheidung:

Der BGH hat die Rechtslage nunmehr erneut zu prüfen. Dabei hat er nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gemäß Beschluss vom 30.08.2010 zu berücksichtigen, dass dem Urheber ein verfassungsrechtlich geschützter Verwertungsanspruch zusteht und dass der Urheber auch dann ausreichend geschützt werden muss, wenn aufgrund technischer Neuerungen, die der Gesetzgeber noch nicht berücksichtigt hatte, der Werknutzer nicht belangt werden kann und auf den Gerätehersteller ausweichen muss.


Eingestellt am 29.09.2010 von Rechtsanwalt A. Forsthoff
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